StBMag Nr. 6 vom 25.05.2015 Seite 26

Die neuen Gründer von Berlin
In der Hauptstadt hat sich eine ganz besondere Szene junger Unternehmen herausgebildet, die für Steuerberater Chancen auf besondere Positionierung bietet

Autor: Olaf Schlippe, Lesezeit: 7 Min.

 

Berlin gilt als innovativ, kreativ, weltoffen, als Kultur- und Medienstadt. Der Berliner Steuerberater Frank Bütow hat seine Kanzlei erfolgreich diesen Mandanten angepasst und betreut neben klassischen Mandaten auch viele Gründer, Start-ups, Berufssportler und Künstler.

 

 

Das Team der Kanzlei Bütow in Berlin.

 

 

StB Frank Bütow umgeben von Mandanten und Mitarbeitern nach einer Boxveranstaltung in Berlin.

 

Die Schönhauser Allee ist die größte Einkaufsstraße im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Die DEFA bannte den Ort schon 1957 im Film „Berlin – Ecke Schönhauser“ auf Zelluloid, der russische Schriftsteller Wladimir Kaminer beschrieb die Allee in seinem nach ihr benannten Buch. Früher lebten hier Arbeiter und Angestellte, Oppositionelle und Hausbesetzer, Homosexuelle und Künstler. Heute verbindet man sie und ihre Nebenstraßen eher mit leckerem Frühstück, angesagten Restaurants und Shopping-Freuden abseits des Mainstreams. Und hier, direkt an der Ecke Gleimstraße, umgeben von Konditorei, Straßencafé und Holzspielzeugladen, mit Blick auf die oberirdisch vorüberrauschende U-Bahn, residiert seit 2008 auch die Steuerkanzlei von Frank Bütow.

 

Der Umzug in die Schönhauser Allee erwies sich als Glücksfall. Denn hier gewann der Berliner Steuerberater viele neue Mandanten, insbesondere Spitzensportler, Künstler und viele Start-up-Unternehmer. Doch der Reihe nach. Am Anfang stand ein BWL-Studium mit der Spezialisierung Steuern, Finanzierung und Investitionen an der TU Berlin. Parallel und danach arbeitete Bütow zunächst als Steuerberaterassistent bis zu seinem Steuerberaterexamen 2004 bei einer mittelgroßen Berliner Kanzlei, wo er sich auf Autohäuser spezialisierte. Da er für sich nach vielen Unternehmensinsolvenzen aufgrund des gesättigten Automarktes kaum Perspektiven in der Kanzlei sah, startete er 2005 in die Selbstständigkeit.

Nicht alles im ersten Anlauf

 

Der erste Anlauf scheiterte. Denn Bütow hätte gern eine Kanzlei gekauft, er hatte sogar eine passende in Aussicht, konnte das Angebot jedoch nicht wahrnehmen. Die Kanzlei sollte 300.000 Euro kosten. „Ich habe das Projekt der Bank vorgestellt, sie wollten mir 200.000 Euro geben, wenn ich 100.000 Euro aus eigener Tasche finanziere. Soviel Geld hatte ich einfach nicht“, sagt Bütow. Der zweite Anlauf hingegen gelang. Der junge Steuerberater erwarb 2006 eine ältere, günstigere Kanzlei mit zwei Halbtagskräften in Berlin-Pankow. Nach der Umstrukturierung und dem Neuaufbau ging es langsam bergauf. Insgesamt bewegte sich in Pankow für einen ambitionierten Steuerberater allerdings zu wenig, deshalb entschloss er sich nach zwei Jahren zu einem Kanzleiumzug nach Prenzlauer Berg. Und scheinbar plötzlich – wenn auch nicht über Nacht – wurde er zum gesuchten Anlaufpunkt von Mandanten, die Berlin prägen: von Spitzensportlern, Künstlern und Start-up-Gründern.

 

Die persönliche Ebene mit Promis

Ein Ausgangspunkt hieß Artur Abraham. Der deutsch-armenische Berufsboxer, den bis dahin ein befreundeter, älterer Kollege von Bütow betreute, startete in dieser Zeit seine internationale Karriere und konnte von seinem Steuerberater nicht mehr länger gut betreut werden. Bütow übernahm. Das führte einerseits zu einem Zuwachs von in Berlin lebenden armenischen Mandanten, denn Armenier untereinander kennen sich und empfehlen weiter, und es führte andererseits zu weiteren Mandanten aus dem Boxsport. Durch Abraham arbeitete Bütow auch mit einem auf Berufssport spezialisierten Anwalt zusammen, der den Boxer rechtlich betreut und dessen renommierte Ludwigsburger Kanzlei darüber hinaus auch viele Künstler rechtlich betreut. Wohnten diese Künstler in Berlin, beriet sie in der Folge Bütow meist steuerlich.

 

„Bei einer solchen Zusammenarbeit ist die persönliche Ebene ganz wichtig“, sagt Bütow: „Man muss miteinander harmonieren, miteinander klarkommen.“ Tue man das nicht, ist ungeachtet der fachlichen Kompetenz die Zusammenarbeit nicht von Dauer, so der Steuerberater. Dabei stellte er auch fest, dass die eigentlich unterschiedlichen Branchen von Berufssportlern und Künstlern gut zueinander passen. Ihr Verhalten ähnelt sich, da sie in der Regel sehr fokussiert auf ihren Sport oder ihre Musik sind, doch wenig auf den Alltag. Künstler vergessen häufig Termine oder machen sie doppelt. „Man muss ihnen da als Steuerberater viel abnehmen“, sagt Bütow, „aber wenn sie einem vertrauen, gehört man dazu und fährt oft mit zu Großveranstaltungen.“ Dann kann es schon passieren, dass ein Weltmeister nach gewonnenem Kampf vor laufender Kamera seinem Steuerberater dankt, wenn auch mehr als Freund denn als Berater.

 

 

Das Kanzlei-Team von StB Frank Bütow mit Mandant Artur Abraham.

 

Nur die Spitze verdient wirklich gut

 

Vergütet werden solche Reisen allerdings nicht. Betrachte man nur den Aufwand, rechne es sich daher eigentlich nicht für einen Steuerberater, schätzt Bütow ein. Gründen die gut verdienenden Sportler oder Künstler jedoch Firmen, werde es interessant. Außerdem entstehen durch solche Betreuungen auch oft Kontakte zu anderen Sportlern oder Künstlern. So nachahmenswert das klingt, ist es einem jungen Steuerberater doch nicht unbedingt zu empfehlen. Kämpft man als Boxer nur in der zweiten Reihe, spielt man als Fußballer nur in der 3. Liga, lebt man auch für seinen Sport, weiß Bütow, kann davon jedoch nur schlecht leben.

 

„Es verdient nur die Spitze gut“, weiß der Berliner Steuerberater. In Deutschland schätzt er, seien dies vielleicht fünf oder sechs Boxer. Alle anderen sind finanziell oft klamm und könnten kaum die Gebühren bezahlen. Deshalb betreue er auch nur eine bestimmte Anzahl von diesen Mandanten, in der Hoffnung, dass sie potenziell Erfolg haben. Dafür müsse man ein Gefühl entwickeln, glaubt Bütow, dafür müsse man mit dem Trainer, mit dem Management reden. „Wer als Boxer nicht Weltmeister wird, hat keine Chance auf finanziellen Erfolg, der wird vergessen. Es sei denn, er ist aus anderen Gründen medial vermarktbar, wie beispielsweise Axel Schulz“, sagt der Steuerberater, der nur dann noch Neumandanten aus dem Berufssport aufnimmt, wenn sie schon etwas geschafft oder zumindest Potenzial haben.

 

Erfolg heißt auch das Ziel jeder Start-up-Gründung. Für diese Mandanten hieß der Ausgangspunkt Schönhauser Allee. Denn obwohl es nicht viele große Start-up-Unternehmen im Prenzlauer Berg gibt, wohnen doch viele ihrer Inhaber hier. Dass er so viele Start-ups betreue, begründet sich aus der günstigen Kanzleilage, der internetbasierten Fokussierung auf Unternehmensgründer und seiner Tätigkeit als Gründungscoach der KfW, analysiert Bütow, der auch Seminare für Gründer an der IHK in Frankfurt (Oder) leitet. Oft handelt es sich dabei um Gründer von IT-Plattformen im Bereich digitale Medien, deren Projekte Web- und Mediendesigner begleiten, die dann meist ebenfalls zur Kanzlei stoßen. „Wir können uns momentan kaum retten“, sagt Bütow: „Pro Woche fragen uns ein bis zwei Gründer an.“

 

Das wichtigste Mittel zur Akquise von Gründern und Startups sind junge Mitarbeiter, denkt der Steuerberater. Das sei eine Frage der Psyche, denn die potenziellen Mandanten möchten von Mitarbeitern betreut werden, die sie verstehen und die in einem ähnlichen Alter sind. „Die Wellenlänge muss stimmen. Die wollen keinen klassischen Steuerberater, der ihnen die GoB predigt, sondern jemand, der ihre speziellen Probleme versteht“, weiß Bütow. Gründer sind ihrer Idee verfallen und verfolgen sie Tag und Nacht, bis sie feststellen, dass sie eine Buchführung benötigen. Da braucht es auch Fingerspitzengefühl, so der Steuerberater, der sich mit seinem jungen Team nach dem Kanzleiumzug auch deshalb auf Gründer spezialisierte, weil er es als schwierig einschätzte, etablierte Unternehmen als Mandanten zu gewinnen. „Das gelingt ganz selten“, schätzt Bütow kritisch ein, „solche Mandanten wechseln nur, wenn sie unzufrieden sind oder sich zu teuer beraten fühlen.“

 

Start-ups haben es schwer

 

Gründer von Internet-Start-ups suchen gewöhnlich eine Finanzierung mit dem Ziel, ihr Unternehmen später zu verkaufen. Dabei kann ihnen der Steuerberater zwar nicht mit Geld, jedoch aufgrund seines spezialisierten Studiums mit Rat helfen. „Diese Mandanten kommen mit einer fertigen Holdingstruktur. Sie wissen, wie sie das Unternehmen steuergünstig verkaufen können, haben aber Schwächen in der operativen Unternehmensführung“, so der Steuerberater. Hier trennt sich S. 29meist die Spreu vom Weizen, entscheidet sich, welches Unternehmen weiter bestehen kann. Von den Start-up-Mandanten des Steuerberaters überleben weniger als die Hälfte, zeigen Bütows Erfahrungen, und dies, obwohl die Finanzierung steht und Geldgeber auch schon einmal eine Million Euro investieren. Ist das Geschäftsmodell nicht erfolgreich, obliegt dem Steuerberater die Aufgabe der Abwicklung der Firma. Zu einer Insolvenz kommt es meist nicht, da die Geldgeber um ihr Risiko wissen, Unternehmensanteile erhalten haben und in der Regel auf ihre Forderungen verzichten.

 

Investitionen in die Zukunft

 

Interessanterweise, so Bütow, stehen diese Unternehmer, wenn sie mit einer Geschäftsidee nicht erfolgreich waren, einige Monate später wieder mit einer neuen Idee vor der Tür. Von ihrem früheren Start-up können sie dann meist noch die Kundendaten verkaufen. Viel Umsatz erzielt der Steuerberater am Anfang jedoch nicht mit Start-up-Gründern, da die Gegenstandswerte gering sind und sich der Umsatz der Firma in bescheidenen Grenzen hält. „Sie sind uns jedoch sehr verbunden“, sagt Bütow: „Sie wissen, sie zahlen wenig und sind bemüht, ihre Rechnungen auf jeden Fall zu zahlen, falls nicht anders möglich auch aus ihrem Privatvermögen.“ Letztlich gilt für Start-ups das Gleiche wie für Berufssportler und Künstler, urteilt der Steuerberater: man muss zunächst investieren und sein Portfolio auf eine bestimmte Anzahl begrenzen. Geschätzt kostet ihn die Betreuung aller Gründermandate mehr als 50 Prozent seiner Arbeitszeit, da deren Projekte viele Nachfragen vom Finanzamt nach sich ziehen. An Umsätzen erwirtschaftet er mit diesen Mandaten vielleicht ein Fünftel vom Gesamtumsatz der Kanzlei.

 

Daher brauchte die Kanzlei auch klassische Mandate. Diese akquirierte Bütow teilweise über seine Spezialisierung auf Autohäuser, teilweise aus ganz anderen Bereichen, etwa aus der Gastronomie sowie aus Dienstleistern der Immobilienbranche oder der Schädlingsbekämpfung. Am dynamischsten entwickeln sich derzeit jedoch Mandate aus dem Pflegebereich. Ein Mandant beispielsweise, der 2012 mit zwei Pflegekräften startete, beschäftigt inzwischen 70 Angestellte. Der Schlüssel zu solchen Mandaten sind auch hier junge, gut vernetzte Mitarbeiter, analysiert Bütow. Eine seiner Mitarbeiterinnen legt beispielsweise als DJ auf und hat einen großen Bekanntenkreis. Zudem stammt ihre Familie aus Osteuropa. Viele Pflegedienste in Berlin wiederum haben einen osteuropäischen, insbesondere russischen Hintergrund, da sie dort gut ausgebildetes, bezahlbares Personal finden. Über den Kontakt der Mitarbeiterin kam das Mandat zur Kanzlei, weitere folgten.


Expansion

 

Inzwischen hat der Steuerberater zusammen mit einem Anwalt eine weitere in Berlin und Brandenburg tätige Steuerberatungsgesellschaft gegründet, die sich ausschließlich auf die rechtliche und steuerliche Beratung von Pflegediensten konzentriert und deren Investitionen – etwa in neue Pflegewohnanlagen – betreut. Bei erfolgreicher Entwicklung kann der Steuerberater dann sicher noch weitere Start-up-Mandanten aufnehmen und sie qualifiziert bei den schweren Schritten des Anfangs unterstützen. So optimistisch dieser Ausblick erscheint, erfolgreiches Wachstum schaff t auch Probleme. Denn schon jetzt müsste Bütow seine eigene Kanzlei auf der Schönhauser Allee erweitern, da mit fünf festen und drei freien Mitarbeitern die Räumlichkeiten recht eng geworden sind und er für die vielen neuen Gründermandate weiteres Personal benötigen würde. Anderseits möchte der Steuerberater gar nicht mehr Angestellte haben: „Ich habe sonst zu viel Verwaltungsaufwand und kaum Zeit für die eigentliche beratende Tätigkeit“, sagt er, der künftig lieber einige seiner Mitarbeiter zum Steuerberater qualifizieren möchte. Die naheliegende Lösung bestünde in einem erneuten Umzug, doch einen solchen möchte Bütow möglichst lange hinausschieben. Denn „für die Akquise von Neumandanten ist der Standort optimal“, ist er überzeugt. Welcher Steuerberater kann das schon von seiner Kanzlei sagen!

 

[…]

www.kanzlei-buetow.com
[…]

http://www.kanzlei-buetow.com/wp-content/uploads/2014/04/logo-big.png

 

Schönhauser Allee 55, 10437 Berlin (Die Adresse ist nachträglich durch den Kanzleiinhaber aktualisiert worden)
Telefon (0 30) 91 42 20 63
info@kanzlei-buetow.de

Fundstelle(n):
StBMag 6/2015 Seite 26
[OAAAE-91329]